YES - I did it! - Leo Hintersteiner auf Hawaii
31.10.2013
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YES - I did it!
(Ironman Weltmeisterschaft 12. Oktober 2013 in Kailuna-Kona / Hawaii)
Der IRONMAN Hawaii ist jährlich das Highlight der Langdistanzszene. An die 100.000 Athleten nehmen weltweit an den Qualifikationsbewerben teil - doch nur knapp über 2.000 Athleten können im Oktober bei der Weltmeisterschaft in Kailua Kona starten - es sind die Besten der Besten! Ich habe ja meine Qualifikation schon im September 2012 mit einem 5. Platz beim Ironman Wales erzielt, und so hatte ich sozusagen eine lange Vorbereitungszeit.
Ich bin eine Woche zuvor mit meiner Frau Ingrid angereist. Etwas spät, um richtig zu akklimatisieren und sich an die 12 Stunden Zeitverschiebung zu gewöhnen. Aber in dieser letzten Woche vor dem Start packt jeden in Kona das Ironman-Fieber. Den ganzen Tag dreht sich alles in der Stadt nur um das. Jede Menge spezielle Werbe- und Verkaufsstände, überall Transparente, beim Zieleinlauf stehen schon lebensgroße Fotomontagen der Stars. Und ständig sieht man bestens durchdrainierte Damen und Herren den Ali'i Drive rauf und runter radeln und laufen. Wobei das Tempo beim Laufen bei den meisten eher mit meinem Sprint-Tempo vergleichbar ist. Und jeden Morgen werden es mehr, die beim Pier ins Wasser gehen und eine Schwimmeinheit starten, oder auch nur zum Kaffee-Boot rausschwimmen, um mitten im Meer einen Becher Kaffee von Lava Java zu erhalten.
Die morgendliche Routine am Wettkampftag ist in Hawaii etwas anders. Bevor du in die Wechselzone rein darfst, musst du noch zum "Body Marking". Auch das hat sein ganz eigenes Flair - alle Athleten erhalten ihre Startnummer (als Tattoo's) auf die Oberarme gedruckt. Und diese bleibt dir auch nach dem Sonnenbrand vom Ironman sichtbar erhalten.
In der Wechselzone dann ständig Kamerateams. Pete Jacobs links, Mirinda Carfrae rechts, dort Andreas Raelert und da Faris Al Sultan. Man registriert, dass man Teil der Geschichte wird, der Geschichte vom Ironman Hawaii, die vor 35 Jahren mit ein paar Verrückten begann. Die Spannung steigt ins unermessliche, bevor man dann endlich zum Pier und ins Wasser darf.
Der Schwimmstart mit 2.000 der besten Athleten der Welt ist schon etwas Besonderes. Man erreicht den "Dig Me"-Beach nur über eine schmale Treppe am Pier. Und der Start ist ca. 100 Meter vom Ufer entfernt im Wasser. Das Wasser ist warm und glasklar und neben vielen Triathleten-Beinen sieht man auch farbenprächtige Fische im Wasser zappeln.
Die Profis starten bereits um 6:30 Uhr. Pünktlich um 07:00 Uhr morgens geht's dann für die Agegrouper los und das Wasser beginnt zu brodeln. Ich starte in der Mitte aus der ca. fünften Reihe und komme recht gut ins Tempo. Vereinzelt wird es mal eng, vor allem die Damen hauen gnadenlos rein. Nach 32 Minuten bin ich schon bei der Wende, aber mit der hochgerechneten Zeit von 1:04 Stunden wird's natürlich nichts, da man retour gegen die Strömung ankämpft. Im Wasser sieht man ständig den Grund und viele bunte Fische. Auf einem Video habe ich danach gesehen, dass uns sogar Delphine begleitet haben - unbeschreiblich. Aber nach 1:11 Stunden ist es dann wirklich geschafft und es geht in die Wechselzone. Noch nie habe ich so volle Wechselzelte gesehen - man braucht schon einen guten Blick, um überhaupt einen freien Sessel zu finden.
Dann durch die ganze Wechselzone, die schmal, aber deshalb seeehr lange ist, zum Rad. Die ersten Kilometer am Bike geht es durch die Stadt von Kona und wieder retour. Es heißt gut aufpassen, da extrem viele unterwegs sind. Und dann geht es endlich auf den Queen-K-Highway. Mein Tempo habe ich schon recht bald gefunden, nachdem es die ersten 20-30 Kilometer durch den Rückenwind bedingt, sehr schnell dahingeht. Bei jeder Labestation nehme ich Wasser zum Kühlen, da es um 8 Uhr morgens bereits schon heiß und schwül ist. Vor der Wende geht es den berüchtigten 12-Milen Anstieg nach Hawi rauf. Die Windverhältnisse sind heute günstiger, aber mir haben die ständigen Seiten- und Gegenwinde trotzdem gereicht. Retour nach Kona sind mir dann einige Damen (und die waren keine Profis) um die Ohren gefahren - Hut ab vor diesen Agegroupern. Aber ich hatte großen Respekt vor dem Laufen und dementsprechend habe ich mich auch am Rad zurückgehalten. Nach 5:23 Stunden und 33,4 km/h Schnitt geht's dann zum zweiten Mal in die Wechselzone. Und dann begann der für mich schwierigste Teil - das Laufen. Die ersten 8 Kilometer geht es am Ali'i Drive raus und dann wieder 8 Kilometer zurück nach Kona. Auch da geht's schon mehrmals sehr hügelig auf und ab. Ich fühle mich wie in der Sauna, erstmalig wird mir die Hitze und die extrem hohe Luftfeuchtigkeit richtig bewusst. Und dann geht's nach 16 Kilometer die Palani-Road echt steil rauf auf den Queen-K-Highway. Nach einigen Hügel auf und ab dachte ich schon, beim nächsten geht es dann endlich nach links weg zum Meer und weiter zum Energy Lab. Ab nichts da, es folgten noch einige lange Auf und Ab. Es war drückend heiß und schwül und bei jeder Labestation (fast jede Mile) dasselbe Programm: Schwamm, Wasser, Eis, Wasser, Cola, Wasser, Schwamm. Die Helfer feuern dich ständig an: "Good job - you're looking good". Aber von "gut ausschauen" bin ich weit entfernt, und 200 Meter weiter glaubte ich schon wieder, dass mein Kopf vor lauter Hitze explodiert. Nach der Wende im Energielab (bei ca. km 30) wird's mental leichter, es geht ja jetzt "schon" Richtung Ziel. Und meine Hochrechnung ergab, wenn ich mich ein bisschen bemühe, auch noch eine Marathonzeit unter 4 Stunden - schlussendlich 3:58 Stunden. Wenn man dann am Ende vom Highway runter die Palani-Road läuft, wird's richtig toll. Und dann biegt man auf die letzten 500 Meter auf den Ali'i Drive ein. Und dieser Zieleinlauf ist sicherlich das geilste und unbeschreiblichste, das man sich im Triathlonsport vorstellen kann. Nach 10:40:40 Stunden ruft auch mir Mike Reilly zu: "You are an Ironman". Ich bin mental überwältig, noch dazu habe ich mein insgeheimes Ziel, ein Daylight-Finisher (unter 11 Stunden) zu sein, mit sehr viel weniger Training als in den letzten Jahren erreicht.
Der IRONMAN Hawaii war für mich ein ganz besonderes Erlebnis und die Eindrücke werden mir immer in Erinnerung bleiben. Für mich ist es der letzte Ironman. Wenn es am schönsten ist, soll man bekanntlich ja aufhören. Das umfangreiche Training der letzten Jahre hat sich ausgezahlt. Ausgezahlt für genau diesen einen Moment auf der Ziellinie, den man sich um kein Geld der Welt kaufen kann - den man sich nur selber erarbeiten kann. Danke an alle, die mich auf dem Weg dorthin begleitet, unterstützt und motiviert haben. Vor allem Danke an Ingrid und Sabrina, die mich die letzten Jahre immer wieder entbehren mussten und trotzdem mit mir diesen langen Weg gegangen sind.